Berlin. Eine große deutsche Solarfirma wird die Produktion einstellen, nun wird über Subventionen sinniert. Doch die Konkurrenz ist erdrückend.

In der nächsten Woche will das Unternehmen Meyer Burger seine Produktion von Solarmodulen im sächsischen Freiberg nach und nach abstellen. Damit würde eine der wenigen industriellen Fertigungen von Photovoltaik- und Solaranlagen in Deutschland schließen. Die Firma bittet seit einem Dreivierteljahr um Unterstützung der Politik. SPD, Grüne und FDP verhandeln darüber, bislang aber ohne greifbares Ergebnis.

Wie ist die aktuelle Lage in der deutschen Solarindustrie?

Einerseits herrscht ein Boom. Viele Immobilienbesitzerinnen und -besitzer installieren neuerdings kleine Solarkraftwerke auf ihren Hausdächern. Die Zahl der großen Anlagen neben Bahnstrecken und Autobahnen wächst ebenfalls rapide. Andererseits wird der größte Teil der Komponenten nicht in Deutschland und Europa hergestellt. Vor allem aus China kommen Solarzellen und -module, die günstiger sind als solche aus einheimischer Fertigung.

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    Deswegen hat Meyer Burger, der größte hiesige Hersteller, das Ende der Modulproduktion in Freiberg angekündigt, wo rund 500 Beschäftigte arbeiten. Am 14. März soll Schluss sein – wenn nicht noch ein Signal der Regierungskoalition kommt. Auch die Glasmanufaktur Brandenburg, die Glas für Solaranlagen produziert, sieht sich bedroht. Weitere Solarfabriken wie Heckert und Solarwatt berichteten ebenfalls über Schwierigkeiten.

    Ist die Solarbranche wichtig?

    Sie ist zentral für die Energiewende und den Übergang zur klimaneutralen Wirtschaft, die die Bundesregierung und die Europäische Union anstreben. Um Kohle, Öl und Gas zu ersetzen, muss die Energieproduktion unter anderem mit Solarkraftwerken stark steigen. Vor 10 bis 15 Jahren ist die hiesige Produktion von Solaranlagen schon einmal zusammengebrochen. Momentan unternehmen einige Hersteller den Versuch, sie wieder auszubauen.

    Warum steht die deutsche Solarbranche unter Druck?

    Augenblicklich sieht die globale Produktionskette so aus: Zahlen des Fraunhofer-Instituts ISE im baden-württembergischen Freiburg zufolge liefert China 90 Prozent allen Polysiliziums weltweit, des Ausgangsstoffes der Solarzellenfertigung. Schließlich kommen 91 Prozent der Solarzellen und 85 Prozent der Solarmodule, der Konstruktionen für Dächer und Freiflächen, ebenfalls aus China.

    Das liegt daran, dass die chinesische Regierung die dortige Produktion in den vergangenen Jahren erheblich ausbauen ließ. Große Fabriken arbeiten günstiger als die vergleichsweise kleinteilige Fertigung in Europa. Außerdem verbilligt China seine Solarmodule mit Subventionen und Rabatten.

    Was spricht gegen chinesische Solarmodule?

    Der niedrige Preis ist ein wichtiges Argument. Die Herstellung von Solarstrom wird damit billiger. Privathaushalte und Unternehmen bezahlen weniger. Doch Carsten Körnig, der Chef des Bundesverbandes der Solarwirtschaft, sagt: „Deutschland und Europa benötigen eine eigene Produktionskette für Solarzellen und Solarmodule, um bei dieser wichtigen Technologie weniger abhängig zu sein.“ Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sieht es ähnlich: „Sicherheit hat ihren Preis.“

    Den Grünen-Politiker treibt diese Sorge um: China ist eine konkurrierende Weltmacht, die, wie die USA und Europa auch, Ökonomie als Waffe einsetzen kann. Was würde passieren, wenn die chinesische Regierung den Export von Solarmodulen nach Europa einschränken oder unterbinden würde? Eine Antwort lautet: Es ist nötig, strategische Produkte wie Solar- und Windkraftwerke, Batterien für Elektroautos, Chips für die Datenkommunikation oder Elektrolyseure für grünen Wasserstoff selbst herstellen zu können – auch wenn das teurer ist.

    Gibt es einen Plan, um wichtige Industrien in Europa zu halten?

    Das fast fertige Netto-Null-Industrie-Gesetz der EU (Net Zero Industry Act, NZIA) sieht vor, dass bis 2030 etwa 40 Prozent bestimmter strategischer Produkte in Europa gefertigt werden, ohne die die Transformation zur klimaneutralen Wirtschaft nicht funktioniert. Das ist einer von mehreren Ansätzen, mit denen EU-Kommission, EU-Parlament und Mitgliedsländer daran arbeiten, der chinesischen, aber auch der US-amerikanischen Subventionspolitik etwas entgegenzusetzen.

    Im Zuge dieser Politik haben Konzerne wie Intel (Computerchips), Northvolt (Autobatterien) und Thyssenkrupp (Stahl) bereits Zusagen für Milliarden Euro staatlicher Subventionen erhalten, um ihre Fertigung hierzulande zu sichern oder auszubauen – Solarhersteller aber noch nicht.

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    Welche Lösung wird für die Solarproduktion diskutiert?

    Firmen wie Meyer Burger wünschen sich eine zusätzliche staatliche Förderung. Allerdings herrscht in der Branche Uneinigkeit, wie diese gestaltet werden sollte. SPD und Grüne befürworten solche Subventionen grundsätzlich, die FDP in der Ampel-Regierung ist jedoch zurückhaltend.

    Das liegt an der grundsätzlichen liberalen Skepsis gegen Staatseingriffe in den Markt, aber auch am Geldmangel. Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom November 2023 fehlen der Regierung Dutzende Milliarden Euro im Klima- und Transformationsfonds.

    Welche konkreten Forderungen der Solarindustrie gibt es?

    Meyer Burger und der Solarverband haben einen zusätzlichen Bonus vorgeschlagen, den Immobilienbesitzer für ins öffentliche Netz eingespeisten Solarstrom erhalten würden, wenn dieser heimisch produzierten Zellen und Modulen entstammt. Das gleiche den höheren Preis heimischer Produkte aus, die Nachfrage nach ihnen stiege, Meyer Burger könnte in Sachsen weiter fertigen. Andere Firmen wie etwa Enpal, die nicht selbst produzieren, sondern chinesische Module verkaufen, raten davon ab. Argument: Die Hauseigentümerinnen und -eigentümer würden auf die günstigeren deutschen Module warten, der Markt geriete durcheinander, der augenblickliche Solarboom könne leiden.

    Eine zweite Variante, die unter anderem Ökonomin Claudia Kemfert befürwortet: Betreiber von geplanten Solarparks könnten einen Bonus erhalten, damit sie eher heimische Module verwenden, nicht chinesische. Um solche Subventionen rechtssicher gestalten zu können, müsste aber wohl erst das EU-Industrie-Gesetz in Kraft sein. Das kann dauern, Meyer Burger will die Produktion aber schon nächste Woche einstellen. Derweil verhandeln die Ampel-Abgeordneten weiter.

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